Informationen und Argumente zur Geheimdienst-Reform

Informationen → Desinformation

In einer Demokration ist die letzte Instanz der Kontrolle immer die Öffentlichkeit, die diese Funktion aber naturgemäß nur dann wahrnehmen kann, wenn sie wahrheitsgemäß und umfassend informiert wird.
aus "Der totalitäre Staat" von Martin und Markus Bott

Obwohl Geheimdienste offiziell als "Nachrichtendienste" bezeichnet werden, ist die Desinformation - also die Lüge - eines der Hauptwerkzeuge. Tatsächlich gibt es kaum eine unverlässlichere Quelle für Informationen als die Geheimdienste. Zur Verbreitung dieser Desinformationen stehen den Diensten sämtliche staatliche Institutionen - insbesondere Behörden - zur Verfügung. Sowohl innerhalb der Geheimdienste als auch beim Informationsaustausch gilt dabei die Devise, das alle Beteiligten sowenig wie möglich wissen sollten. Dadurch wird verhindert, dass die Desinformationen auf den tatsächlichen Wahrheitsgehalt überprüft werden können. Meistens ist die tatsächliche Quelle verschleiert und nicht verifizierbar. Dabei wird versucht die mangelnde "Qualität" der Information durch eine hohe "Quantität", also einen hohen Verbreitungsgrad, auszugleichen.

Medien - Zensur durch die Hintertür

Welche Nachricht ist interessanter? Die über den Dreifachmord in München oder die über ein erfolgreiches Resozialisierungsprojekt für Strafgefangene. Es ist die "typische Bild-Schlagzeile" die die Auflage in die Höhe schnellen läßt. Dies machen sich die meist politisch motivierten Dienste zunutze - eine Nachricht, die für den Bürger "interessant" ist wird von vielen Medien auch gerne ungeprüft übernommen. Die journalistische Sorgfalt spielt dabei oft eine geringere Rolle wie die Auflagenhöhe. Im Online-Zeitalter hat auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung eine hohe Priorität für die Medien. Wer eine Nachricht zuerst bringt darf sich meistens weit größerer Aufmerksamkeit erfreuen als die Zeitung, die zunächst die Quellen prüft. Ist die Nachricht erstmal freigesetzt wird diese meist ungeprüft von den Mitbewerbern übernommen. Wer 24 Stunden später eine journalistisch aufbereitete Version veröffentlicht bleibt dann oft ungehört. Dadurch lassen sich die meisten Medien für politische Ziele leicht instrumentalisieren.

Ein gutes Beispiel dafür ist der Amoklauf von Wenningen. Der Amokläufer sollte angeblich sein Tat im Internet-Chat angekündigt haben. Dies wurde von den Sicherheitsbehörden in einer Pressekonferenz bekanntgegeben - inclusive dem Namen der Website. Dies erwies sich später als Falschmeldung. Bedenklich dabei ist, dass anscheinend weder die Polizei noch die Medien diese Aussage überprüft haben. Der Chatbetreiber gab auf seiner Website bekannt, dass es lediglich eine Anfrage (nicht aus Deutschland!) gab.

Geheimdienst-Informationen werden meist sehr gezielt verteilt. Bevorzugt werden dabei meistens Medien, die sich an die Spielregeln der Geheimdienste halten. Dies bedeutet umgekehrt, dass Medien, die sich nicht von ihren journalistischen Arbeitsprinzipien lösen, von den (Des-)Informationen ausgeschlossen werden. Da dieses System seit Jahrzehnten gepflegt wird kann davon ausgegangen werden, dass relevante Nachrichtenmagazine und führende Tageszeitungen zu den bevorzugt informierten Medien gehören. Die Folge ist also eine gewisse "Gleichschaltung der Medien". Die Verlage benötigen "Interessante Nachrichten" und setzen dafür die klassischen Standards des Journalismus ausser Kraft.

Geheimdiensten geht es bei der Informationsvermittlung normalerweise nicht um wahrheitsgetreue und geprüfte Fakten. Die Dienste sind eher daran interessiert sich selbst im guten Licht darzustellen, Ermittlungsfehler zu vertuschen, politische Einflußnahme zu üben und - je nach Interessenlage - Dinge "zuzuspitzen" oder "auszulassen".
Journalisten spiele dabei oft nur noch eine "Nebenrolle" als Transporteur dieser (Des-)Informationen. Eine zum Handwerk des Jorunalisten gehörende Aufarbeitung und Korrektur findet meistens nicht statt, da Sie den Interessen der Dienste widerspricht.

Auf den Punkt gebracht: Es findet keine Zensur statt, aber wer nicht schreibt was die Geheimdienste wollen bekommt keine Informationen mehr und hat damit einen erheblichen Wettbewerbs-Nachteil.

Während das Internet grundsätzlich von den Geheimdiensten eher "bekämpt" wird, beschleunigt die zunehmende Relevanz der Online-Medien den Prozess der Gleichschaltung der Print-Medien. Die Verlage haben es immer schwerer bei tendenziell sinkenden Auflagen gewinnbringend zu arbeiten und sind daher auf die (Des-)Informationen der Dienste angewiesen.

Da es kaum kritische Beiträge über das System der Abhängigkeit der Medien von den Geheimdiensten gibt, besteht für diese auch kein Anlaß daran etwas zu ändern. Kritische Beiträge von "einzelnen Abweichlern" können rasch dementiert werden.

Man könnte sogar von einer "Win-Win-Situation" sprechen: Die Geheimdienste bekommen Ihre (Des-)Informationen unter das Volk gebracht und die Verlage sparen sich die Arbeit der journalistischen Aufarbeitung. Dem gegenüber steht neben dem Interesse der Öffentlichkeit auf "verlässliche Informationen" vor allem die Gefahr für den demokratischen Rechtsstaat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es ausgerechnet die "Behörden" sind, die sich standardmäßig nicht an Gesetze halten brauchen, die einen derart hohen Einfluß auf die "Meinung" der Bevölkerung ausüben.

Wichtig: Noch gibt es (auch Print-) Medien, die versuchen gegen diesen Trend "anzukämpfen". Die hier beschriebene Praxis ist nicht als pauschale Verurteilung der Medien zu verstehen. Um den Trend zur "Gleichschaltung der Medien" zu stoppen ist aber nicht nur eine bessere journalistische Aufarbeitung von erhaltenen (Des-)Informationen nötig. Die entsprechenden Medien müssen auch die - verdiente - Aufmerksamkeit erhalten. Auch der Konsument trägt mit dem Kauf der entsprechenden Zeitung oder Zeitschrift, erheblich zum Erhalt der "Pressefreiheit" ohne "Zensur durch die Hintertür" bei.

Weitere Informationen:
Beitrag bei Labour.net Germany: http://www.labournet.de/diskussion/grundrechte/komm/leif.html

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